Stichwort der Woche : EU-Verhaltenslehre nach Pawlow

Winterberg-Totallokal : Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen…

win­ter­berg-total­lo­kal : Sie haben sicher schon mal von den Paw­low­schen Hun­den gehört. Der rus­si­sche Ver­hal­tens­for­scher beob­ach­te­te, dass sich bei sei­nen Ver­suchs­tie­ren die Spei­chel­bil­dung ver­än­der­te, wenn sie ihr Fut­ter erblick­ten. Wenn er jetzt bei jeder Füt­te­rung ein Glöck­chen läu­te­te, trat nach eini­ger Zeit der Effekt auf, dass sich schon dann mehr Spei­chel bil­de­te, wenn nur das Glöck­chen ertön­te, ohne das über­haupt Fut­ter im Spiel war. Die­sen Effekt bezeich­ne­te Paw­low als „Kon­di­tio­nie­rung“. In den letz­ten Jahr­zehn­ten kann man eine sol­che „Kon­di­tio­nie­rung“ auch bei der Mehr­zahl der EU-Bevöl­ke­rung beob­ach­ten. Das Glöck­chen nennt sich heu­te „Sub­ven­ti­on“ oder auch „För­de­rung“. Beim Erklin­gen die­ser Wor­te erhöht sich beim typi­schen Mit­tel­eu­ro­pä­er der Spei­chel­fluss und er hechelt dem in Aus­sicht gestell­ten För­der­töpf­chen ent­ge­gen. Mit­hil­fe die­ser Instru­men­te kann man die intel­li­gen­tes­ten Men­schen zu den unsin­nigs­ten Ver­hal­tens­wei­sen mani­pu­lie­ren. Fast neu­wer­ti­ge Fahr­zeu­ge wer­den durch soge­nann­te „Abwrack­prä­mi­en“ gegen Neu­wa­gen mit noch bes­se­rer Schum­mel­soft­ware ein­ge­tauscht. Gan­ze Häu­ser­zei­len wer­den mit Che­mie­ab­fäl­len als „Wär­me­däm­mung“ ein­ge­packt. Die kurz­fris­tig hier­durch erreich­ten Umwelt­schutz­zie­le wer­den in einer nach­hal­ti­gen Öko­bil­lanz kon­ter­ka­riert. Kom­mu­nen inves­tie­ren in teil­wei­se über­flüs­si­ge und unsin­ni­ge Pro­jek­te, damit sie nur in den Genuss von ent­spre­chen­den För­der­mit­teln kom­men. „Wenn wir das nicht machen, krie­gen ande­re die Sub­ven­tio­nen, das geht ja gar nicht.“

Als Berufs­zweig mit der stärks­ten Spei­chel­bil­dung beim Wort „Sub­ven­ti­on“ gilt seit vie­len Jah­ren die Land­wirt­schaft. Ursprüng­lich soll­te das soge­nann­te Berg­bau­ern­pro­gramm die Land­wirt­schaft in „benach­tei­lig­ten Gebie­ten“ im Wett­be­werb mit Kol­le­gen in den frucht­ba­ren Gegen­den stär­ken. Es war ein Aus­gleich, der sie in der Bei­be­hal­tung einer natur­na­hen Bewirt­schaf­tung ihrer Flä­chen unter­stüt­zen soll­te. Zwi­schen­zeit­lich ist die­se sinn­vol­le Maß­nah­me einem Gieß­kan­nen­prin­zip gewi­chen. Wer viel Flä­che hat bekommt auch viel. Kein Wun­der, dass die größ­ten Agrar­sub­ven­ti­ons­emp­fän­ger inzwi­schen kei­ne Land­wir­te mehr sind, son­dern Ver­bän­de, staat­li­che Insti­tu­tio­nen und inter­na­tio­na­le Groß­kon­zer­ne. Für die klei­nen bäu­er­li­chen Betrie­be bleibt nur der büro­kra­ti­sche Auf­wand und ein Almosen.

Ohne­hin haben Groß­kon­zer­ne Erfah­rung im Absah­nen von Sub­ven­tio­nen. Durch eine inten­si­ve Lob­by­ar­beit haben sie dafür gesorgt, dass jede Men­ge Steu­er­gel­der unbe­merkt in ihren Taschen ver­schwin­den. Ob Werf­ten, Luft­fahrt­un­ter­neh­men oder Ener­gie­rie­sen, jedes Jahr flie­ßen vie­le Mil­li­ar­den Euro in Berei­che, die es eigent­lich gar nicht nötig haben. Allein 57 Mil­li­ar­den Euro pro Jahr wer­den, laut Umwelt­bun­des­amt, für „umwelt­schäd­li­che Sub­ven­tio­nen“ auf­ge­bracht, für deren hohe Fol­ge­kos­ten dann wie­der­um der Steu­er­zah­ler auf­kom­men muss. Wenn man von die­sen vie­len Mil­li­ar­den allen Bür­gern ein bedin­gungs­lo­ses Grund­ein­kom­men zah­len wür­de, könn­te jeder dar­über hin­aus (umwelt­ver­träg­lich) wirt­schaf­ten und müss­te nicht bei jedem Erklin­gen des Glöck­chens zum Sub­ven­ti­ons­fress­napf rennen.

Ihr Nor­bert Schnellen

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