Winterberg-Totallokal : Archäologen entdecken Erstaunliches
winterberg-totallokal : Auf dem höchsten Punkt der Stadt, dem historischen Burgplatz, soll künftig ein attraktiver Aufenthaltsort für Einwohner und Gäste, die ins 13.Jhd. zurückreichende Stadtgeschichte erlebbar machen. Über die Gestaltungspläne der Architektin Dorina Stein berichtete der Medebacher Anzeiger in seiner Ausgabe vom 02.05.
Bevor die Bauarbeiten losgingen, hatte Herr Prof. Dr. Michael Baales von der‚LWL-Archäologie für Westfalen‘ aufgrund der vielen alten Bausubstanz und der Belange der archäologischen Denkmalpflege, bereits im Vorfeld auf eine archäologische Fachbegleitung bei der Freilegung des Areals gedrungen. Auch wenn es zu solchen Anlässen immer Stimmen gibt die sagen : „da wurde schon oft gegraben, da ist nix…“, war dort relevante Bodendenkmalsubstanz zu vermuten. Und tatsächlich : während der Baggeraufsichten der Baueingriffstiefe kamen die ersten interessanten Funde zu Tage, und das in größerem Umfang als erwartet ! Am Montag, den 24.07. präsentierten Grabungsleiterin Frau Maya Stremke vom durchführenden Unternehmen ‚Archäologische Dienste‘ aus Köln und der Archäologe Andreas Knäpper vor Ort ihre Entdeckungen.
Als die Fachleute eine der vor Regen schützenden Planen kurz beiseite nehmen, sieht der Laie einen scheinbar typischen Baustellenplatz mit Gestein in schlammiger Erde. Frau Stremke (hier im Bild vor ihrem Kollegen Herr Knäpper) erklärt, wie die Beschaffenheit und Anordnung der Steine den Verlauf alter Gemäuer abzeichnen. Die Verfärbungen in der Erde deuten auf einen durch Brand zerstörtes Steinfundament und Lehmfußbodenreste hin.
Noch lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob es sich hier um Relikte der Burg handelt, von der man sich vorstellt, dass es sich dabei um ein von Wehrzaun und Wallgraben umgebenes Fachwerkgebäude handelte. Schließlich sind über die Jahrzehnte durch Schuttverfüllung mehr als zwei Drittel der Anlage völlig zerstört worden. Dass es sich um ein Gebäude aus der Gründerzeit handelt, ist jedoch eindeutig. Eine vierte Stelle mit einem eingetieften Befund, weist möglicherweise auf einen Brunnen hin. Die Archäologen erwarten sich im Zuge ihrer noch fortdauernden Arbeit weitere Aufschlüsse.
Außerdem förderten sie in mühseliger Handarbeit neben Knochen- und Speiseresten verschiedene Tonscherben aus einem Grubenfund zutage, die teilweise bis ins hohe Mittelalter zurückreichen könnten. „Manchmal ist das kleinste Fitzelchen das Interessanteste!“ sagt Herr Knäpper und zeigt eine bereits gesicherte kleine Kugeltopfrandscherbe. Der Knochen von einem kleinen Rind lässt auf die „gehobenere Küche“ und somit besser gestellte Bewohner schließen.
Zur genauen Zeitbestimmung müssen die Ausgrabungen erst noch ausgewertet werden. Dazu werden alle Funde, deren Orte und Schichttiefen genau markiert. Nachdem man die Scherben gewaschen und datiert hat muss man sehen, inwieweit sie zu dem Brandschutt passen.
Für Hallenbergs Stadtgeschichte, die erstmals 1231 „halb urkundlich“ erwähnt wird, sind die Funde besonders spannend. Denn es gibt zwar viele geschichtliche Belege, beispielsweise über die in der Mitte des 13. Jhds. durch den Kölner Marschall Arnold von Hochstaden erbaute Wehranlage (1259 wurde dort Wigand von Medebach als erster Burgherr eingesetzt) oder das zuvor von Otto Graf von Waldeck zerstörte, 1288 wieder aufgebaute Burghaus. Doch mit Hilfe der Funde würden sich die zeitliche Einordnung, Lage und Ausrichtung der damaligen Gebäude noch präziser bestimmen lassen.
Jetzt müssen die ganzen Ausgrabungen erstmal ausgewertet und alle Puzzlesteine für die Zeitgeschichte gesichert werden. Die für ursprünglich 2 Tage angesetzte und zu diesem Zeitpunkt schon über eine Woche andauernde archäologische Untersuchung wird sich je nach Wetterlage wohl noch ein bis zwei Wochen fortsetzen. Inwiefern die Funde, die, resultierend aus dem Denkmalschutz als sogenannter Schatzregalfund dem Land gehören, später in die Hallenberger Stadtgeschichte eingebracht werden können, ist zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Ebenso wie der genaue weitere Finanzierungsplan. Der genehmigte Fördermittelbescheid ist bis zum 25.November 2017 gültig. Dieser von Beginn an knapp gesetzte Termin ist nicht zuletzt aufgrund der beachtlichen Funde und damit verbundenen Zeitverzögerung unmöglich einzuhalten. Der stellvertretende Bürgermeister Holger Schnorbus ist allerdings zuversichtlich, dass der bereits gestellte Antrag auf Fristverlängerung vom Land genehmigt wird.
Quelle : Andrea Gnann