Das Jahr der Ängste

Winterberg-Totallokal : Stichwort der Woche von Norbert Schnellen

win­ter­berg-total­lo­kal : Das Jahr 2016 wird in den Medi­en schon jetzt viel­fach als das „Jahr der Ängs­te“ bezeich­net. Nach einer Umfra­ge einer deut­schen Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft nimmt die Zahl der Deut­schen, die sich vor allen mög­li­chen Din­gen fürch­ten, immer mehr zu. Das ist ja auch nicht ver­wun­der­lich, wenn man sich die aktu­el­le Nach­rich­ten­la­ge anschaut. Zu den bis­he­ri­gen „Top-Ten“ der deut­schen Ängs­te, wie Geld, Gesund­heit, Umwelt, Alters­ar­mut, Schul­den­kri­se, etc. kom­men in die­sem Jahr ver­stärkt die Angst vor Ter­ror und Extre­mis­mus hin­zu sowie die Angst, dass Behör­den und Poli­tik mit dem Flücht­lings­strom in die­sem Jahr über­for­dert sind.

Sind die­se Ängs­te berech­tigt ? Sicher, denn wir haben uns in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten einen beträcht­li­chen Wohl­stand auf­ge­baut, wäh­rend sich die Welt um uns her­um durch Kri­sen, Krie­ge und Kata­stro­phen ste­tig ver­än­dert hat. Es war eigent­lich nur eine Fra­ge der Zeit, wann die gan­zen glo­ba­len Ver­än­de­run­gen auch uns errei­chen. Wer nichts zu ver­lie­ren hat, hat meis­tens kei­ne Angst. Umge­kehrt stei­gen mit zuneh­men­dem Wohl­stand natür­lich auch die Ängs­te, weil man befürch­tet, dass sich die Situa­ti­on ein­mal zum Nega­ti­ven ver­än­dert und dass es einem in Zukunft viel­leicht mal nicht mehr so gut gehen wird. Was kann man dage­gen tun ? Eigent­lich gar nichts, denn wir müs­sen ein­fach mal wie­der ler­nen, dass es in die­sem Leben nun mal kei­ne abso­lu­te Sicher­heit geben kann. Kein Wun­der, dass die­se besag­te Umfra­ge von einer Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft in Auf­trag gege­ben wur­de.  Es liegt in der Natur der Sache, dass Ver­si­che­run­gen von den Ängs­ten der Men­schen leben. So hat sich bei uns inzwi­schen eine „Voll­kas­ko-Men­ta­li­tät“ her­aus­ge­bil­det, die uns vor­gau­kelt, dass es für uns kei­ne Risi­ken mehr gibt,  weil wir uns ja gegen alles ver­si­chern können.

Um unse­re Zukunft zu meis­tern reicht es aber nicht aus, wenn wir ver­su­chen uns gegen alles zu ver­si­chern. Wir müs­sen ein­fach wie­der ler­nen, dass es kei­ne abso­lu­te Sicher­heit gibt und dass wir unser Leben ver­stärkt sel­ber in die Hand neh­men müs­sen. Ein altes Sprich­wort lau­tet „Angst ist ein schlech­ter Rat­ge­ber“, denn wer sich durch Ängs­te para­ly­siert durchs Leben trei­ben lässt, kann kei­ne ratio­na­len Ent­schei­dun­gen mehr tref­fen. Er ist dann den Leu­ten aus­ge­lie­fert, die die­se Ängs­te für ihre Machen­schaf­ten miss­brau­chen. Also, Ärmel hoch­krem­peln, wei­ter­ma­chen und alles was dann kom­men wird, erst mal auf sich zukom­men las­sen. Was haben wir denn schon groß zu verlieren ?

Text : Nor­bert Schnellen

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